Zeitwertentschädigung in der Privathaftpflichtversicherung oder der Abzug „Neu für Alt“
Wenn die Privathaftpflichtversicherung in einen Sachschaden eintritt und diesen reguliert, so wird für die Reparatur oder den Ersatz der Zeitwert der beschädigten oder zerstörten Sache angesetzt und ein so genannte Zeitwerterstattung vorgenommen. Der Geschädigte soll den Schaden ersetzt bekommen und er soll genau so gestellt werden wie unmittelbar vor dem Schaden. Dies sorgt in der Praxis jedoch regelmäßig für Ärger, da für die beschädigten Sachen ein Abzug „Neu für Alt“ bei der Regulierung vorgenommen wird, wenn diese nicht neuwertig sind und ersetzt werden.
Beispiel: Dir fällt Dein Parfümflacon aus Deinem Badschrank ins Waschbecken und er schlägt ein großes Loch hinein. Das Waschbecken ist nicht mehr zu gebrauchen. Da Du in einer Mietwohnung wohnst, handelt es sich um einen Mietsachschaden, Mietsachschäden werden durch die Privathaftpflichtversicherung anerkannt. Also meldest Du den Schaden der Versicherung bzw. mir als Deinem Versicherungsmakler, der sich um die Abwicklung mit der Versicherung kümmert. Und Du meldest den Schaden natürlich Deinem Vermieter. Die Versicherung tritt in den Schaden ein (so heisst das halt im Versicherungsdeutsch, kann ich auch nix für) und kümmert sich darum. Der lässt ein neues gleichartiges Waschbecken einbauen, schickt die Rechnung an den Versicherer und wundert sich über die Erstattung: Der Versicherer zahlt die Kosten für die Arbeit, das alte Waschbecken auszubauen, zu entsorgen und das Neue einzubauen. Das neue Waschbecken wird jedoch nur anteilig erstattet, da es nicht mehr neuwertig war und ein Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen wird. (Zur Erklärung: Der Vermieter hätte ein gebrauchtes, genau so altes Waschbecken wie das Zerstörte einbauen lassen können. Das hätte er voll erstattet bekommen. Da es aber keinen Markt für gebrauchte Waschbecken gibt, muss er ein Neues einbauen und es wird der Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen. Ein Waschbecken wird mit einer „Lebensdauer“ von 30 Jahren bewertet. Wenn das beschädigte/zerstörte Waschbecken nun z.B. schon 15 Jahre alt war, wird das neue Waschbecken eben auch nur zur Hälfte ersetzt.)
Der Vermieter ärgert sich nun, da er auf einem Teil der Kosten „sitzen bleibt“. Er kann ja schließlich nichts dafür, daß Du sein Waschbecken kaputt gemacht hast. Das ist soweit auch nachvollziehbar. Was der Vermieter aber gerne vergisst, ist daß er Dir das Waschbecken als Teil der Wohnung vermietet hat und dafür eine Miete kassiert hat und daß er das Waschbecken über die bisherigen Nutzungsdauer auch steuerlich abgeschrieben hat. Insofern ist dieser Abzug „Neu für Alt“ gerechtfertigt und eine Neuwerterstattung würde den Vermieter besser stellen, er hätte durch den Schaden „Plus gemacht“.
Leider sind Vermieter regelmäßig uneinsichtig ob dieser Regelung und versuchen die Differenz beim Mieter, also bei Dir einzutreiben. Mach Dir deshalb aber keine Gedanken und lehn Dich entspannt zurück: Wenn die Privathaftpflichtversicherung in den Schaden eintritt, dann wird sie berechtigte Ansprüche regulieren (wie oben dargestellt) und unberechtigte abwehren (auch das ist eine grundlegende Leistung in der Haftpflichtversicherung!), d.h. Du kannst den Vermieter einfach wieder an die Privathaftpflichtversicherung verweisen, da Du den Schaden dorthin abgetreten hast.
Die ganz bockigen unter den Vermietern werden als letztes Mittel (nachdem sie bei der Versicherung auf Stein gebissen haben, da das mit der Zeitwerterstattung rechtlich in Ordnung ist) den Kautions-Joker ziehen: „Dann ziehe ich Ihnen das eben von der Kaution ab!“ Das ist ärgerlich, denn die Kaution hat der Vermieter ja und nun musst Du um Dein Geld kämpfen und zur Not Klage einreichen. Dabei kann Dir eine Rechtsschutzversicherung helfen, bei der der Wohnungsrechtsschutz inkludiert ist. Ob es sich aber rentiert oder sinnvoll ist, wegen vielleicht 100 Euro Streitwert Anwälte und womöglich Gerichte zu beschäftigen sei mal dahingestellt…