Geschäftsfahrrad im Alltagsbetrieb hat sich für mich persönlich wirklich bewährt.
Wobei ich das mit dem „für mich persönlich“ deutlich betonen muss; ein Fahrrad ganzjährig zu bewegen erfordert auch unbedingt den Willen dies zu tun. Nicht jeder ist so „verrückt“ wie ich in dieser Hinsicht oder mein hoch geschätzter Kollege Ralf Leible. Ich fahre nun einmal gerne Fahrrad und genieße jeden Kilometer, bei dem ich mir den Wind um die Nase wehen lassen kann. So habe ich mit meinem GSD innerhalb eines Jahres fast 5000 km zurückgelegt. Das ergibt auch einen netten Nebeneffekt für die Umwelt: ich bin dadurch fast 5000 km weniger mit dem Auto gefahren.
Wenn man ein Fahrrad im Ganzjahresbetrieb bewegen möchte, muss man sich auf die niedrigen Temperaturen und alle weiteren Besonderheiten der winterlichen Witterung einstellen.
Da ich über genügend und gute Klamotten für „obenrum“ verfüge, habe ich hier nichts weiter gebraucht. Allerdings habe ich mir eine neue Hose für den Winter gegönnt: eine Mountainbike Hose von Vaude, die aus einem Softshell Material gefertigt ist. Sie hat sich über den Winter auch bei eisigen Temperaturen bewährt und hält sogar kurzen Regengüssen gut stand beziehungsweise sie wärmt auch nass hervorragend. Die Hose sieht einigermaßen zivil aus und kann deshalb gut im Alltag zu fast allen Gelegenheiten getragen werden. Der zivile Look ist wichtig, denn ich fahre ja nahezu alle Strecken mit dem Fahrrad.
Problematisch bei Kälte sind die Finger. Deshalb ist es wichtig, ein paar gute und warme Handschuhe zu haben. Bei richtig niedrigen Temperaturen können die Handschuhe auch wirklich nicht gut genug sein. Ich habe hervorragende, warme Fingerhandschuhe von Gore, die jedoch bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt nach einiger Zeit die Kälte an die Finger durchgelassen haben. Für nächsten Winter werde ich wahrscheinlich so genannte Lobster-Style-Handschuhe probieren, quasi, ein geteilter Fäustling. So wärmen sich immer zwei Finger gegenseitig und man kann trotzdem die Bremsen gut bedienen.
Was für Autos selbstverständlich ist, gibt es auch für Fahrräder: Winterreifen. Für den Ganzjahresbetrieb eines Fahrrades unverzichtbar. Ich habe mir also einen Satz Schwalbe Marathon Winter plus zugelegt und diese am 1. November montiert. Man mag sich nun fragen, ob dies für meine Heimatstadt Mannheim nicht etwas überdimensioniert ist und man hier mit Kanonen auf Spatzen schießt. Wir haben hier in Mannheim nun einmal keine 60 Schneetage pro Winter. Aber darum geht es auch nicht sondern auch an den 2 bis 5 Schnee- und Eistagen im Jahr halbwegs sicher Fahrradfahren zu können und nicht darauf verzichten zu müssen. Immerhin soll das Fahrrad ein echter Ersatz fürs Auto sein, also muss es auch durch Schnee fahren können. Und das hat mit diesen Reifen auch hervorragend funktioniert. Insbesondere im Dezember, als wir hier einige kalte Tage mit etwas Schnee hatten und die Überlandstrecken ins Umland mit einer circa 2 cm dicken, eisigen Schneeschicht bedeckt waren. Etwas schwieriger war es dann im Januar als wir hier massiven Schneefall mit einem sehr schweren, nassen Schnee hatten. War rutschig und man musste vorsichtig fahren aber es ging.
Ich sehe für Winterreifen am Fahrrad deshalb ganz klare Vorteile:
- die Reifen verfügen über eine spezielle Winter Gummimischung. Diese funktioniert bei niedrigen Temperaturen einfach besser als die Sommer Gummimischung.
- Die Reifen haben ein recht grobes Stollenprofil. Dies hilft nicht nur im tiefen Schnee, sondern auch auf den wintermatschigen Wegen die ich recht häufig fahren muss, zum Beispiel durch den Rheinauer Wald. Dort liegt das gesamte Herbstlaub auf den Wegen und verwandelt sich in einen schmierigen Matsch. Mit den niedrig profitierten Sommerreifen war das immer eine ausgesprochene Rutschpartie.
- Den Stollen haben die Reifen ein Lamellenprofil, genau so wie bei den Winterreifen fürs Auto. Mit diesen Lamellenkrallen sich die reißen geradezu in Schnee und Eis.
- Bei Autoreifen verboten, beim Fahrrad weiß ich es ehrlich gesagt nicht so genau: die Marathon Winter Plus besitzen Spikes als ultimative na Maßnahme gegen Rutschen auf Schnee und Eis.
Die Reifen habe ich an Allerheiligen montiert, gleich mal eine Probefahrt gemacht und war bitter enttäuscht: diese Reifen rollen deutlich schwerer ab als die Sommerreifen, die ich bisher drauf hatte und das Fahrrad lässt sich erheblich schwerer lenken. Noch dazu sind die Reifen durch ihre Stollen einfach nur laut! Aber wie es im Leben eben so ist, man gewöhnt sich einfach an alles und die Geräuschkulisse der Reifen – eine Mischung aus dem Stollen-Abrollgeräusch und dem Nageln der Spikes – hat sich im Alltag als Vorteil entpuppt: man wird von Fußgängern einfach viel besser akustisch wahrgenommen.
Im Dezember war ich dann mit meiner Tochter im Planetarium Mannheim. Dies ist eine Fahrtstrecke einfach von circa 9 km. Die Temperaturen um den Gefrierpunkt haben mich selbst nicht sonderlich beeindruckt, denn ich war gut angezogen und habe durch die Bewegung im Sattel überhaupt nicht gefroren. Im Gegensatz dazu meine Tochter, die hinten drauf saß und sich eine halbe Stunde lang gar nicht bewegt hat, aber dem eisigen Fahrtwind ausgesetzt war. Sie war zwar dick eingemummelt im Skianzug mit dicken Handschuhen und dicken Schuhen, war aber trotzdem total durchgefroren. Tern bicycles hat hierfür eine hervorragende Lösung – das Clubhouse Fort – ich hatte bis zu diesem Tag allerdings noch nicht so recht den Nutzen darin gesehen. Da ich meine Tochter aber auch den Rest des Winters mit dem Fahrrad durch die Gegend kutschieren wollte und ich nicht in ihre traurigen, durchgefroren den Augen schauen wollte, wurde das Clubhouse Ford kurzerhand bestellt und einige Tage später auch montiert. Das Clubhouse Ford besteht aus zwei Teilen: das Unterteil ist die so genannte Storm Box und das Oberteil, das Storm Shield. Die Storm Box ist eine rundum geschlossene Tasche, die auf den Clubhouse montiert wird, worin der Passagier sitzen kann und ab der Hüfte abwärts komplett gegen Umwelteinflüsse geschützt ist. Nebenbei kann man die Storm Box natürlich auch zum Transport aller möglicher Dinge verwenden. Oben drauf kommt dann das Storm Shield, das ist eine Art Dach mit großen Fenstern und großen Reflektoren, so dass in der Kombination dieser zwei Dinge eine Art Kabine für die Passagiere entsteht. In dieser Kabine sind die Mitfahrer vollständig vor Wind und Regen geschützt meine Tochter hat sich seither nie wieder beklagt, mit mir auf dem Fahrrad mitfahren zu müssen. Im Gegenteil, es macht ihr einen Riesenspaß geschützt hinten drin zu sitzen und der Papa kämpft vorne gegen Wind und Regen.
Dem Akku eines E-Bikes muss man im Winter besondere Beachtung schenken: im Gegensatz zur E-Autos besitzen E-Bikes in der Regel keine Heizung für den Akku. Dadurch kann man den Akku bei Minustemperaturen im Freien nicht laden. Das ist aber kein Problem, denn man kann den Akku ja vom Fahrrad wegnehmen und im Haus aufladen. Im Sommer hatte ich meine beiden Akkus immer am Rad montiert belassen und die Akkus auch am Fahrrad geladen. Im Winter habe ich dies nun anders gelöst: Ich habe die Akkus entnommen, im Haus gelagert und geladen und zum fahren immer nur einen Akku eingesetzt. der andere Akku konnte derweil im Warmen bleiben und geladen werden. Bei Bedarf habe ich die Akkus dann einfach getauscht.
Nun freue ich mich trotzdem wieder aufs Frühjahr mit seinen wärmeren Temperaturen, den hoffentlich weniger Regengüssen und auf die BUGA. Diese wird nämlich dank Dauerkarte ein häufig angefahrenes Ziel werden.